Was passiert mit dem Gehirn bei Sauerstoffmangel?

Gehirn-Baum, Bild von Tumisu auf Pixabay, 500px_Kersten Sitte, www.essbarewildpflanzen.at
Kersten Sitte
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Nervenzellen, Hirnschäden

Das Gehirn reagiert auf einen Mangel an Sauerstoff besonders empfindlich: Schon nach wenigen Minuten sterben Nervenzellen ab – es entsteht ein hypoxischer Hirnschaden.

Eine Hypoxie ist die mangelnde Versorgung von Gewebe mit Sauerstoff. Der hypoxische Hirnschaden ist die schwerste Form der Hirnschädigungen, die durch Sauerstoffmangel bedingt ist. (1, 2)

Hypoxie oder Sauerstoffmangel (auch Hypoxidose) bezeichnet eine den ganzen Körper eines Lebewesens oder Teile davon betreffende Mangelversorgung mit Sauerstoff. (3)

Ursachen für Sauerstoffmangel

Ursachen können u.a. Komplikationen während der Geburt, Sauerstoffmangel durch Ertrinkungsunfälle, Herzinfarkt, Hirnblutung aber auch durch das Tragen von enganliegendem Mund-Nasen-Schutz sein. (2)

Abgestorbene Gehirnzellen – Symptome, Ausfall bestimmter Funktionen

Je nach Dauer des Sauerstoffmangels sterben Gehirnzellen ab, diese sind nicht mehr regenerierbar. Ja nach betroffener Region des Gehirns können verschiedene Symptome auftreten und bestimmte Funktionen teilweise oder ganz ausfallen. Folgen können u.a. Koordinations-, Wahrnehmungs- und Gedächtnisstörungen sein. In schweren Fällen kommt es zu langanhaltenden schweren Bewusstseinsstörungen bis hin zum sogenannten „Wachkoma“. (2)

Wie lange kann das Gehirn ohne Sauerstoff sein?

  • Bereits nach 10 bis 20 Sekunden stellt das Gehirn alle Funktionen ein, da die Nervenzellen im „Spar-Modus“ weniger Sauerstoff verbrauchen. Der Körper wird bewusstlos.
  • Innerhalb von 30 bis 60 Sekunden tritt Atemstillstand oder Schnappatmung ein. Achtung: Schnapp-Atmung ist kein Anzeichen dafür, dass die Person noch bei Bewusstsein ist. Sie rührt vielmehr daher, dass die heruntergefahrenen Nervenzellen falsche Befehle aussenden.
  • Nach etwa 3 bis 5 Minuten beginnen die Nervenzellen im Gehirn abzusterben.
  • Ab 5 Minuten kann es zu irreparablen Schäden im Gehirn kommen.
  • Andere Körperteile halten deutlich länger ohne Sauerstoff aus: Das Herz überlebt etwa 20 bis 30 Minuten, die Niere etwa zwei Stunden und die Beine bis zu sechs Stunden. (4)

Was passiert, wenn es für das Gehirn keinen Sauerstoff mehr gibt?

  • Die elektrische Gehirnaktivität erlischt bereits nach 20 Sekunden ohne Sauerstoff – Bewusstlosigkeit tritt ein.
  • Nach 2-3 Minuten werden die ersten Zellen geschädigt, zuerst in der Hirnrinde, dann im Stammhirn, das Blutkreislauf und Atmung regelt. (5)

Welche Sauerstoffsättigung ist gefährlich?

  • Sauerstoffmangel (Hypoxämie) kann bekanntlich zu Bewusstlosigkeit, Kreislaufstillstand und vielfältigen körperlichen Schäden führen. Die Gabe von Sauerstoff kann in solchen Fällen lebensrettend sein, deshalb werden viele Patienten im Krankenhaus großzügig mit zusätzlichem Sauerstoff versorgt. Allerdings kann auch ein Zuviel an Sauerstoff die Sterblichkeit der Patienten erhöhen. Davor warnen die Lungenärzte des Verbands Pneumologischer Kliniken (VPK) unter Berufung auf eine aktuelle Metastudie mit über 16.000 Patienten, die wegen einer akuten Erkrankung (wie z.B. Blutvergiftung, Herzstillstand, schweren Verletzungen oder Not-OP) im Krankenhaus behandelt werden mussten (siehe The Lancet, Online-Veröffentlichung am 28.4.2018).
  • Zu viel Sauerstoff ist toxisch und kann in Lunge, Herz-Kreislauf- und Nervensystem zu Entzündungen, oxidativem Stress und einer Verengung der Blutgefäße führen. Bei Sauerstoffzufuhr trotz ausreichender Sauerstoffsättigung erhöht sich daher das Risiko für Lungenversagen, Herzinfarkte, Herzrhythmusstörungen und Organversagen.
  • „Nach Angaben der Studienautoren kann sich eine zusätzliche Sauerstoffgabe bereits schädlich auswirken, wenn die Sauerstoffsättigung im Blut vor der Gabe bei 94 bis 96 Prozent liegt. Mit zunehmender Sauerstoffsättigung im Blut steigt das Sterberisiko der Patienten stetig an. Trotzdem betrachten einige Ärzte die Gabe von Sauerstoff als potentiell hilfreiche und harmlose Therapie – und zwar unabhängig davon, ob beim Patienten tatsächlich eine Unterversorgung mit Sauerstoff vorliegt oder nicht“, erläutert Dr. Voshaar. (6)